Christian A.Hoelzke spielt unter der Regie von Peter Ibrik Rolf Schneiders BEWERBUNGEN


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Rolf Schneider


christian a. Hoelzke spielt mit der figur joseph fouché



Regie

Peter Ibrik


es spielt

Christian A.Hoelzke



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BEWERBUNGEN von Rolf Schneider


PROJEKTBESCHREIBUNG


Der Autor benutzt für seinen Monolog aus 14 Szenen die Biografie von Joseph Fouché.


Joseph Fouché (geb. 21. Mai 1759 in Le Pellerin, nahe Nantes, gest. 26. Dezember 1820 in Triest, damals Österreich) war Sohn eines Kapitäns der Handelsmarine. Mitglied des Ordens der Oratorianer, Lehrer der Logik und der Physik, mit Beginn der französischen Revolution in Nantes Mitglied der Gesellschaft der Verfassungsfreunde.

1792 in den Konvent gewählt, Mitglied der radikalen Bergpartei, Befürworter der Hinrichtung Ludwigs des XVI. im Januar 1793. Beauftragter im Kampf gegen Royalismus und gemäßigte republikanische Gesinnung, im November 1793 „Der Schlächter von Lyon“.

Konflikt mit Robespierre, der ihn aus dem Jakobinerclub, dessen Präsident F. war, ausschließen lässt. Fouché betreibt heimlich die Hinrichtung R.s, war aber offiziell daran nicht beteiligt.

1797 Beteiligung am Staatsstreich.

1799 zum Polizeiminister ernannt befördert er den Staatsstreich Napoleons und wird als dessen Erster Konsul unentbehrlich. Er organisiert ein ausgedehntes Spionagesystem über alle Klassen der Gesellschaft. 1802 als Polizeiminister abgesetzt, aber mit mehr als 2 Millionen Franc zu Reichtum gekommen.

Unter dem Kaisertum Napoleons 1804 erneut Polizeiminister, 1809 Herzog von Otranto mit beträchtlichen Liegenschaften. Infolge geheimer Verhandlungen mit England gegen die Eroberungszüge Napoleon 1810 wieder abgesetzt. Er vernichtet alle wichtigen Unterlagen und flieht nach Italien.

1811 Rückkehr nach Paris, Intrigen gegen Napoleon für die Regentschaft von dessen Frau.

1814 schließt er sich – nach Napoleons Abdankung – der neuen Bourbonen-Herrschaft an (Ludwig XVIII.), befördert aber zugleich die Rückkehr Napoleons von Elba, der ihn wieder als Polizeiminister einsetzt.

1815 – nach der zweiten Abdankung Napoleons – als Vorsitzender der provisorischen Regierung bereitet Fouché die Restauration der Bourbonen vor.

Gestorben 1820 in Triest in der Verbannung.

Seine Söhne ziehen sich mit 14 Millionen Francs 1820 nach Schweden zurück, wo der Zehnte Herzog von Otranto und die Grafen Fouche´ d’Otranto noch heute leben.


Das Faszinierende an dieser Biografie besteht darin, dass es Joseph Fouché in einer politisch bewegten und bewegenden Zeit immer wieder gelingt, auf die Seite der Mächtigen zu gelangen.


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PROJEKTBESCHREIBUNG Blatt 2


Balsac in „Eine dunkle Geschichte“:

Fouchés besonderes Genie, das Napoleon eine Art Schrecken einjagte, zeigte sich bei ihm nicht auf einmal. Dieses unbekannte Konventsmitglied, einer der außerordentlichsten und damals am falschesten beurteilten Männer, hatte sich in den Stürmen der Zeit entwickelt. Unter dem Direktorium stieg er zu jener Höhe auf, von der aus tiefveranlagte Menschen, indem sie sich ein Urteil über die Vergangenheit bilden, die Zukunft zu erkennen vermögen; und dann gab er plötzlich – wie gewisse mittelmäßige Schauspieler, die, durch ein unerwartetes Licht erleuchtet, überragend werden – während der schnell vorübergehenden

Revolution des 18. Brumaire Beweise seiner Geschicklichkeit. Dieser blassgesichtige Mensch, der, in klösterlicher Verstellung aufgewachsen, die Geheimnisse der Bergpartei, der er angehörte, und auch die der Royalisten, denen er sich zuletzt anschloß, kannte, hatte in der Stille und mit Bedacht Menschen, Dinge und Interessen der politischen Bühne studiert.


Das ist ohne Frage ein interessante frühbürgerliche (spätfeudale) Biografie

auf der Ebene der Mächtigen, aber sie ist auch auf den ersten Blick voller Assoziationen zu Ereignissen und Verhaltensweisen zweihundert Jahre später.

Die Theaterfigur Joseph Fouché trifft über einen Zeitraum von etwa dreißig Jahren auf unterschiedlichste – vorgestellte oder im Zuschauerraum angenommene – Partner, mit denen sie ihre Meinungen, Urteile und Vorgehensweisen bespricht und bei denen sie ihre Ansprüche durchsetzt. Seine alleinige Anwesenheit macht große Intimität möglich, so dass über die Person sehr viel zu erfahren ist.


So wie Balsac jede moralische Verurteilung der Figur vermeidet, will auch die Inszenierung vorgehen. Die vom Zuschauer zu beurteilenden Fakten werden in den Texten ausgebreitet und dem Urteil ausgeliefert.

Von großem Interesse aber sind die Mittel, die Taktiken und Strategien Fouchés, mit denen er seine Position immer wieder sichert und erobert. Das erkennbar und durchschaubar zu machen, ist der Interessenpunkt der Inszenierung: Die Methoden Fouchés werden durch spielerisches Vorgehen auf ihre Zuverlässigkeit und Brauchbarkeit geprüft und zur möglichen Verwendung frei gegeben. Das schließt eine moralische Bewertung der Methoden durch die Inszenierung aus.


Ohne durch platte Aktualisierung oder durch Eingriffe in den Text den Zuschauer nicht nur für die historische Biografie, sondern für einen Blick von heute auf die möglichen Strategien bei der Bemühung um eine Position zu animieren, benutzt die Inszenierung einen Trick, der so beim Autor nicht vorgesehen ist:

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PROJEKTBESCHREIBUNG Blatt 3



Der Schauspieler befindet sich als eine andere Figur als Fouché im Wartesaal eines Arbeitsamtes (möglicherweise ein ehemaliger Geschichtslehrer oder -professor) und ist dort bei der Zeitungslektüre vergessen und – wie sich herausstellt – eingeschlossen worden. Er vertreibt sich die Nacht damit, dass er biografische Ausschnitte aus dem Leben Fouchés durchspielt, der gleich ihm immer wieder genötigt war, um seine Existenz zu kämpfen. Dieses Vorgehen ermöglich immer wieder die sinnvolle Reduzierung auf den Warteraum, ermöglicht immer wieder den Neubeginn bei jeder Szene, ermöglicht einen spielerischen Umgang mit der Figur, die schon beim Lesen des Textes durch die teilweise großen Zeitsprünge in jeder Szene eine völlig andere zu sein scheint.


Der Bühnenraum (also: der angedeutete Warteraum) wird durch ein Arrangement von Stühlen hergestellt. Die Stühle entsprechen im Wesentlichen den Stühlen, auf denen auch die Zuschauer sitzen. Das Kostüm ist „zeitlos“, also auf jeden Fall nicht historisch. Requisiten und Accessoires (auch anachronistische, also historische) werden sparsam benutzt.

Auf das Zitieren historischer Musik wird verzichtet werden, aber eine Collage aus Geräuschen und Klängen kann die Situation (einer ist allein in einem fremden Raum eingeschlossen) unterstützen und dem Spiel zu einem Rhythmus verhelfen.

Der Autor nennt den Monolog Komödie.

Wenn die Komödie einerseits aus dem „verkehrten“ Blick (also dem Blick, der auf dem Kopf steht) auf die Dinge und Ereignisse besteht und andererseits die Komödie als Dramenform die Lösung des ihr immanenten Konflikts auf die Zeit nach dem Ende des Dramas verweist, so kann die komische Wirkung darin bestehen, dass innerhalb der Szenen die Fakten und Beurteilungen von der Fouché-Figur immer wieder ins Gegenteil verkehrt werden und dass in der letzten Szene Fouché sich bei der Instanz (bei „Gott“) als Polizeiminister anbietet, die aus moralischen Gründen am wenigsten „geeignet“ sein müsste - die Verkehrung quasi eine doppelte ist.


Erkennen und Lachen über das Verhalten dieser streitbaren Figur sind gut geeignet, zu entdecken, wie man selbst mit Ängsten umgeht und wie verantwortlich jeder für das ist, was er tut.






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ANMERKUNGEN ZUM AUTOR


Geboren 1932

1955 bis 1958 Studium der Germanistik und Pädagogik an der Universität

Halle-Wittenberg.

Redakteur der kulturpolitischen Zeitschrift „Aufbau“ in Berlin.

Seit 1958 freischaffender Schriftsteller.

Zahlreiche Hörspiele und Theaterstücke, am bekanntesten „Einzug ins Schloß“.

Im November 1876 Mitunterzeichner der Protestresolution von DDR-Autoren gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns.

1979 Ausschluß aus dem Schriftstellerverband der DDR.

Theaterautor und Dramaturg in Mainz und Nürnberg.

Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland.

Lebt in Schöneiche bei Berlin.

1995 „Die Briefe des Joseph F.“, erschienen bei Katzengraben-Presse.

Bewerbungen“ ist 1986 entstanden und 1990 im Henschel-Verlag (Reihe DIALOG) erschienen.